Der Schützende Kreis
Wir raten den Eltern zu einem Treffen nach der Idee des Schützenden Kreises, wenn deutlich wird, dass die Schicksalsumgebung eines Kindes in die entwicklungsfördernden Überlegungen intensiv und persönlich mit eingebunden werden sollte. Die Eltern werden dann von uns gebeten, alle für das Kind wichtigen Schicksalsgefährten in unsere Einrichtung einzuladen. Dazu gehören natürlich die Eltern, vielleicht eine Oma oder ein Patenonkel, der Klassenlehrer oder eine dem Kind besonders vertraute Lehrerin, auch Therapeuten oder andere enge Begleiter des Kindes.
Diese Zusammenkunft ist bestimmt von der inneren Haltung, dass wir in der Runde so bedacht über das betreffende Kind sprechen möchten, dass es sich geehrt fühlen würde, wenn es unsichtbar unter uns wäre und an dem Gespräch lauschend teilhaben könnte. Es geht um bewertungsfreie Aufmerksamkeit und im guten Gelingen darum; eine andächtige Stimmung entstehen zu lassen, in der das Seelisch-Geistige des Kindes erscheinen darf.
Anders als bei einer problembezogenen Kinderkonferenz, soll gerade nicht alles Anstrengende und Schwierige im Vordergrund unserer Betrachtungen stehen. Genauso wenig geht es um verklärende Lobeshymnen über das Kind. Jede persönliche Sympathie und Antipathie zu dem Kind und seinen Verhaltensäußerungen soll für die Dauer des Treffens ruhen, ebenso alle Unstimmigkeiten, die bisher vielleicht auch zwischen den Erwachsenen bestanden. Alle Teilnehmenden sollen stattdessen überlegen, welche Situation, welches Erlebnis sie der Runde schildern können, das sie als typisch und wesentlich für ihre Begegnungen mit dem Kind halten. So entstehen kleine persönliche Erzählungen von den Begegnungen mit einem Kind, die sich gegenseitig bereichern und unseren erkennenden Herzensblick für das Kind weiten. Kleine Perlen oder kaleidoskopartige Bilder über ein Kind, die eine ganz eigene, absichtslose Sprache sprechen. Oder wenn man eine Absicht postulieren möchte, dann die, das Kind in seinem Wesen werterkennend zu beschreiben. Nach dem so entstandenen Austausch folgt eine kleine zehnminütige Pause, in der jeder für sich das Vernommene still nachklingen lassen kann. Beim erneuten Zusammenkommen besprechen wir in dem Schützenden Kreis, was jeder Einzelne für das Kind tun kann, um es bei seinen weiteren Lebensaufgaben gut zu unterstützen. Die Gemeinschaft überlegt abschließend auch, wie sie weiter im Austausch und in Verbindung bleiben kann. Idealerweise finden die Treffen nach der Idee des schützenden Kreises in individuellen, regelmäßigen Abständen statt.
Die Idee des Schützenden Kreises wurde von Henning Köhler entwickelt. Sie ermöglicht die Bildung einer tragenden sozialen Verantwortungsgemeinschaft. Es geht um nichts weniger, als das Initiieren einer heilenden Sozialskulptur für ein in Not geratenes Kind.
Seit vielen Jahren findet die Arbeit nach der Idee des Schützenden Kreises sowohl im Janusz-Korczak Institut, als auch bei Kindgerecht statt.